Saale-Orla-Kreis 2015

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24. bis 30. Juli 2015
Der Landkreis liegt im Südosten von Thüringen und hat knapp 83.000 Einwohner. Rund 1.000 Asylbewerber gab es im Jahr 2015 – das entspricht 3,9 % der Asylsuchenden in Thüringen – darunter waren dreizehn unbegleitete Minderjährige. Die meisten der Flüchtlinge, die im Januar 2015 im Saale-Orla-Kreis lebten, kamen aus Serbien, der Russischen Föderation, Syrien, Albanien und Afghanistan. Der Großteil von ihnen lebt in Wohnungen, 11,5 % in Gemeinschaftsunterkünften.

Bad Lobenstein
ist ein staatlich anerkanntes Moorheilbad zwischen Rennsteig und Thüringer Meer mit etwa 7.500 Einwohnern. Ca. 150 Menschen suchten hier im Jahr 2015 Asyl. Knapp einhundert sind in der ehemaligen Polizeistation, die dafür kurzfristig geräumt wurde, untergebracht. In der Kleinstadt sind die Asylbewerber dezentral, u. a. in der Plattenbausiedlung Tiergarten, untergebracht. Es existieren ein rechter Thügida-Ableger „Wir lieben den Saale-Orla-Kreis“ und der Verein „Akzeptanz e. V.“, dessen Mitglieder sich gegen Fremdenhass engagieren.

Pößneck
ist mit 12.000 Einwohnern die größte Stadt des Saale-Orla-Kreises. Bis in die 1990er Jahre war sie ein blühender Industriestandort. Bis heute gibt es Buchherstellung, Süßwarenfabrikation und einen Brauereibetrieb. 2015 gab es 200 Asylsuchende. Seit dem Sommer leben Obdachlose und Asylsuchende im städtischen Obdachlosenheim unter demselben Dach. Es existiert eine Flüchtlingsinitiative in der Stadt; im Oktober 2015 haben rund 450 Menschen gegen Flüchtlinge demonstriert. Aufgerufen hatte die Bürgerinitiative „Wir lieben Ostthüringen“. Zeitgleich zogen 150 Gegendemonstranten durch die Innenstadt.

Schleiz
Die Kreisstadt des Saale-Orla-Kreises mit 8.500 Einwohnern ist eine klassische Verwaltungsstadt mit guter Infrastruktur und Ansiedlungen u. a. aus der Logistikbranche. Die Stadt ist bekannt durch das Schleizer Dreieck – eine der ältesten Motorsportrennstrecken Deutschlands. 70 Asylsuchende kamen im Jahr 2015. Im Förderzentrum Schleiz wurde die obere Etage als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber eingerichtet. Familien leben in Wohnungen, die über das Stadtgebiet verteilt sind.

Triptis
ist eine ostthüringische Kleinstadt mit 4.000 Einwohnern mitten im grünen Herzen Deutschlands. Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist die Triptiser Porzellanfabrik. Es gab hier 50 Asylsuchende im Jahr 2015. Die meisten sind in Wohnungen in der Ernst-Schubert-Straße untergebracht. Die ansässige Grundstücks- und Wohnungsgesellschaft hat einen Leerstand von insgesamt siebzig Wohnungen. Es wird überlegt, eine ehemalige Fachschule für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge herzurichten.

Neustadt an der Orla
Zwischen Saalfeld und Gera gelegen, bietet die Kleinstadt (8.200 Einwohner) mit mittelalterlichem Stadtkern einige außergewöhnliche Sehenswürdigkeiten. 2015 gab es dort 179 Asylsuchende. Ein Drittel von ihnen lebt in der Gemeinschaftsunterkunft Neustadt-Arnshaugk, die bereits seit mehreren Jahren besteht; die anderen in Wohnungen, die über die Stadt verteilt sind. Ein Streit im Flüchtlingsheim im Oktober 2015 eskalierte; es gab mehrere Verletzte und Sachschaden.

Deutsche haben kein Mitspracherecht. Sie kommen her und kriegen alles umsonst. Die Wohnung fertig eingerichtet. Manche verkaufen das Zeug gleich wieder. Fette Smartphones und Markenklamotten und manche Deutsche wissen nicht, wie sie überleben sollen, das ist eine ungerechte Verteilung. Eine Nachbarin hat Geld von der Stadt bekommen, um die Gegend schön zu machen, aber die Beete sind nur für die ausländischen Kinder. Die dürfen sich Möhren und Salat ernten, aber deutsche Kinder werden angeschrien, wenn mal eine Blume gezupft wird. Wenn meine vierjährige Tochter an die Beete gehen würde, wäre Bambule dort. Letztes Jahr habe ich einen Kuchen fürs Fest gebacken, da gab es nicht mal ein „Danke“. Wir wollen hier weg, aufs Dorf oder selber bauen. Auch unser Nachbar ist stinksauer. Er wohnt seit 10 Jahren hier und jetzt wohnen nur noch Flüchtlinge im Haus. Es gibt hier keine Versammlungen. Es würde eskalieren, wenn es hier eine Versammlung geben würde. Viele Deutsche haben nur den Mindestlohn und müssen sich mit zwei, drei Jobs über Wasser halten. Seit einem Jahr geht ein jetzt vierjähriges, ausländisches Kind hier in den Kindergarten. Es rennt allein ohne Begleitung bis nachts auf dem Markt herum und keinen kümmert es. weiblich, Jahrgang 1982


Ich komme aus Afghanistan und bin seit 5 Monaten in Deutschland, ich spreche schon gut Deutsch. Meine Onkel, Cousinen und meine Oma sind noch in Afghanistan. Wie es ihnen geht, weiß ich leider nicht. Ich gehe hier auch in die Schule und es gefällt mir hier sehr. Ich habe auch deutsche Freunde und die Nachbarn sind nett. Die Schule ist schwer. Am liebsten mache ich Sport. Wir haben jetzt Ferien und gestern waren wir im Waldbad. Wir gehen gleich Pingpong spielen. Meine Brüder sind 8 und 5 Jahre. Der Kleinere geht ab August in den Kindergarten. Kindergruppe, Jahrgänge 2010, 2008, 2004


Also da hinten in den Blöcken leben ja schon viele, viele Jahre Aussiedler aus Russland. Mit denen habe ich nichts zu tun. Aber zu den Flüchtlingen, die da jetzt mit drin wohnen, gibt es geteilte Meinungen. Manche sind vernünftig, manche halten sich dann aber an die Regeln, die sie von Kind an von Zuhause kennen, was das Feiern betrifft usw. Da kennen sie keine Polizeistunde. Aber das hört man nur von den Leuten, die da mit drin wohnen, ich selbst habe das noch nicht erlebt. männlich, Jahrgang 1942


Wenn ich daran denke, dass die Leute, die hier viel arbeiten, es teilweise richtig schwer haben, um über die Runden zu kommen … Und dann kommen die alle her und kriegen alles geschenkt. Da hab ich meine Meinung und die ist nicht positiv und mehr will ich dazu nicht sagen. weiblich, Jahrgang 1967


Manchmal, wenn sie was getrunken haben, ist es unangenehm. Wenn ich von der Nachtschicht nach Hause komme, dann sind sie immer noch da. Hier war früher eine schöne Gaststätte, der „Kosmos“, da war viel los. Jetzt ist alles kaputt und baufällig. Schade, das wäre gut als Jugendzentrum, in Pößneck gibt es ja nichts. Wenn sie das hier ausgebaut hätten, dann würden die alten Damen sich dort zum Kaffee auf die Terrasse setzen. Das wäre schön. Als der „Kosmos“ noch in Betrieb war, habe ich noch nicht hier gewohnt. Es gab auch eine Kaufhalle hier vorne. In Pößneck gibt es sehr schöne Häuser. Hier gab es gerade einen Festumzug zum Thüringentag. Ich muss sagen, ich kenne es noch anders aus DDR-Zeiten. Wir hatten ja unheimlich viele Russen hier, weil die ganzen Kasernen ja voll waren. Und sehr viele Kubaner, durch das Chemiefaserwerk, da gab es auch immer Feten und irgendwas. Sie waren alle sehr entgegenkommend. Die Ausländer jetzt dürfen ja nicht arbeiten. Einerseits schimpfen sie, dass sie einem die Arbeit wegnehmen und andererseits, dass sie nicht arbeiten. Es gibt auch manchmal Streit in der Nachbarschaft, aber meistens ist es sehr ruhig hier. Ich wohne hier seit 25 Jahren. Seitdem wir die Aufzüge haben, ist es sehr schön hier. Ich hätte sonst ausziehen müssen, bis in die 5. Etage hätte ich es nicht mehr geschafft. männlich, Jahrgang 1968


Es gibt gute und schlechte Menschen in jedem Land. Es gibt Übergriffe auf die Ausländerwohnheime, das ist furchtbar. Wenn wir Urlaub machen, gehen wir auch in andere Länder. Mein Arzt ist aus Ungarn. Die Menschen, die gebildet sind, die sollten ruhig bleiben, nur nicht die, die uns ausnutzen. Es werden ja auch immer weniger Kinder in Deutschland geboren, da müssen ja auch neue reinkommen, die die Wirtschaft unterstützen. männlich, Jahrgang 1979


Wir leben in Arnshaugk und waren heute in der Stadt und wollten nach einer Wohnung fragen, aber es gibt keine freie Wohnung. Das Jugendamt sagt, sie kommen gucken, wo meine Kinder schlafen. Sie kommen aber nicht. Es gibt keine richtigen Toiletten, keine Duschen. Ich beschwere mich beim Sozialamt. Die sagen, „Weiß ich nicht, dafür bin ich nicht zuständig.“ Da muss man doch den Kollegen fragen, diese Familie zu versetzen, in ein anderes Heim. Zuhause ist alles kaputt, durch die Mafia. Wir haben hier viele Probleme in Neustadt. Warum gibt man uns in Neustadt keine Wohnung? männlich, Jahrgang 1974


Wir kommen nicht so viel in Kontakt. Es gibt eigentlich nichts, wo man sagen könnte, dass es da Probleme geben könnte. Das ist mir nicht bekannt. Manche gehen wohl sogar einer Beschäftigung nach. Das läuft also so seit Jahren ganz gut. Es sind auch immer andere da. Ich wohne auf dem Dorf und nicht unmittelbar in der Nähe. Man hat nichts gehört bis jetzt. Das hier ist ja eine Kleinstadt, da wird ja viel geredet. weiblich, Jahrgang 1954